Der Wahnsinn geht weiter: Rote Teufel triumphieren in Kassel

„Wir haben gute Laune. Wir haben gute Laune.“ Euphorisiert sangen die rund 350 rot-weißen Fans im Gästeblock der Eissporthalle am Auestadion. Mit 4:3 (2:1, 2:1, 0:1) holte sich der EC Bad Nauheim in Kassel den zweiten Halbfinal-Sieg in Folge. In der Halbfinalserie geht der krasse Außenseiter damit gegen die DEL-ambitionierten Huskies mit 2:1 in Führung. Zwei Doppelpacks von Jerry Pollastrone und Jordan Hickmott – darunter ein Shorthander – machten den Coup in Nordhessen perfekt. „Ich bin stolz auf die Jungs. Die Art und Weise, wie wir im dritten Drittel gespielt haben, macht Mut auf mehr. Wir haben das richtig gut verteidigt. Vom ersten zum zweiten Spiel sind wir besser geworden und vom zweiten zum dritten Spiel auch. Das muss sein, denn sonst haben wir keine Chance. Am Donnerstag geht’s weiter“, resümierte EC-Trainer Harry Lange nach dem sechsten Erfolg im siebten Playoff-Match.

Die Kurstädter begannen mit der gleichen Formation, die am Sonntag beim begeisternden 4:1-Heimsieg für den 1:1-Serienausgleich gegen den großen Favoriten gesorgt hatte. Bei den Gastgebern rückte auf der Torwartposition wieder Jerry Kuhn an die Stelle von Jake Kielly. Der zuletzt fehlende Kanadier Tim McGauley kehrte ins Lineup zurück.

Ohne großes Abtasten ging es los. Christoph Körner tauchte nach 90 Sekunden frei vor Kuhn auf, verpasste aber den schnellen Führungstreffer. Genau wie auf der anderen Seite Tristan Keck, Oleg Tschwanow, McGauley und Darren Mieszkowski nicht an Nauheims Goalie Felix Bick vorbeikamen. Auch die erste Strafzeit gegen David Cerny überstand der EC schadlos. In Minute vier krachte EC auf Angreifer Michael Bartuli unglücklich in die Bande, kam dann nach kurzer Behandlungspause wieder auf das Eis zurück. Im Schlussabschnitt musste der junge Stürmer dann verletzt in der Kabine bleiben.

Erwartungsgemäß verbrachten die Huskies vor Powerbreak Nummer eins viel Zeit im Angriffsdrittel, doch Bick parierte stark gegen Vincent Schlenker und Stephan Tramm. Ein schnell vorgetragener Konter führte zum 0:1 – Jerry Pollastrone war in der unübersichtlichen Szene als letzter mit dem Schläger dran, die Scheibe zappelte in Kuhns Netz.

Huba Sekesi und Marius Erk scheiterten danach an Kassels Schlussmann. Die nächste Strafzeit traf erneut die Gäste. Und wieder verteidigte der EC geschickt. Kapitän Marc El-Sayed blockte zwei Versuche der Huskies, aber dann landete der Puck doch im Nauheimer Kasten. Der Torschütze hieß Mieszkowski. Im anschließenden Videobeweis bestätigten die Unparteiischen ihre On-Ice-Entscheidung. Aber die Roten Teufel antworteten prompt: Körner passte im richtigen Moment auf Pollastrone, der US-Amerikaner machte mit seinem zweiten Treffer die überraschende Pausenführung perfekt.

Mit Alec Ahlroths Außenpfostentreffer wurde das zweite Drittel eröffnet. Erst bot sich dem EC die Möglichkeit, im Powerplay den Vorsprung auszubauen, kurz darauf standen die Blau-Weißen mit einem Mann mehr auf dem Eis. In Unterzahl glückte Jordan Hickmott – nachdem Vause einen Kasseler Turnover provoziert hatte – das 3:1. Und als Pollastrone, aus der Kühlbox kommend, allein auf Kuhn zusteuerte, konnte die Nummer 36 von Schlenker nur mit einem Foul gestoppt werden. Das anschießende Überzahlspiel blieb ohne Ertrag.

Hickmott schnürte beim 4:1 aus der Sicht der Rot-Weißen ebenfalls seinen Doppelpack und versetzte das Kasseler Publikum in eine kurze Schockstarre. Mit einem Blueliner weckte Joel Keussen wieder die Lebensgeister. Auch das zweite Tor der Huskies wurde per Videobeweis gecheckt – und anerkannt. Keussen und Ahlroth näherten sich nochmal gefährlich dem Gehäuse von Bick, der die Oberhand behielt. Beim EC bot sich Tim Coffman die aussichtsreiche Chance zu Treffer Nummer fünf. Das Break des EC-brandgefährlichen EC-Stürmers konnte erst im letzten Moment gestoppt werden.

Die erste brenzlige Situation im Schlussabschnitt beschwörte EC-Verteidiger Kevin Schmidt herauf – sein Solo konnte erst kurz vor Kuhns Kasten gebremst werden. Zwei Strafen gegen Pollastrone überstanden die Roten Teufel und hatten sogar durch Körner eine weitere Möglichkeit zum nächsten Shorthander. Die Schlussphase hatte es in sich: 1:27 Minuten vor dem Ende zog Coach Bo Subr seinen Torwart und verwandelte ein Vier-gegen-Vier in eine Überzahl-Situation. Mit Erfolg, denn Joel Lowrys Lupfer landete zum Anschlusstreffer im Netz. Die letzten Sekunden brachten die aufopferungsvoll kämpfenden Nauheimer bei Vier-gegen-Sechs über die Zeit und den 4:3-Auswärtscoup in trockene Tücher.

EC Kassel Huskies: Kuhn – Shevyrin, Faber, Keussen, Tramm, Geischeimer, Müller, Dotter – Lowry, Weidner, McGauley, Preto, Ahlroth, Mieszkowski, Spitzner, Arniel, Keck, Reuß, Tschwanow, Schlenker.

Trainer: Bo Subr.

EC Bad Nauheim: Bick – Köhler, Sekesi, Schmidt, Seifert, Erk, Hafenrichter, Wachter – Herrmann, Coffman, Hickmott, Pollastrone, Vause, Körner, Cerny, Weiß, Steck, Pauli, El-Sayed, Bartuli.

Trainer: Harry Lange.

Tore: 0:1 (16:06) Pollastrone (Köhler, Körner), 1:1 (18:52) Mieszkowski (Schlenker, Ahlroth – 5:4), 1:2 (19:30) Pollastrone (Körner), 1:3 (25:40) Hickmott (Vause, Erk – 4:5), 1:4 (30:03) Hickmott (Coffman), 2:4 (33:59) Keussen (Tramm, Weidner), 3:4 (58:48) Lowry (Arniel, Keck – 5:4)

Schiedsrichter: Brill/Schadewaldt. – Linienrichter: Otten/Treitl.

Strafminuten: Kassel 8, Bad Nauheim 14.

Schüsse: 35:23.

Zuschauer: 5700 (ausverkauft).

Foto: Jan-Malte Diekmann