Historisches Datum – Historisches Spiel

Wir schreiben den 15. Februar 2024. Heute vor genau 77 Jahren hat erstmals ein Team aus Bad Nauheim ein Eishockeyspiel bestritten. Und am kommenden Dienstag, wenn der ESV Kaufbeuren im Colonel-Knight-Stadion antritt, ist es das 4000. Spiel einer Mannschaft, die das rot-weiße Trikot trägt. Thomas König, der schon Jahrzehnte das Eishockeygeschehen in unserer schönen Stadt verfolgt, hat genau Buch geführt und den nachfolgenden Bericht für uns verfasst.

Der 15. Februar 1947 war ein Samstag. An diesem Tag und dem darauffolgenden Sonntag hatte der 1888 gegründete Deutsche Eislauf Verband (DEV) die deutschen Eishockey-Vereine aus dem Südwesten des Landes aufgerufen, erstmals nach dem zweiten Weltkrieg ein Turnier zur Qualifikation für die Deutsche Eishockey-Meisterschaft 1947 zu veranstalten. Der Wettbewerb wurde auf dem Frankfurter Zooweiher ausgetragen. Daran beteiligen sich die Clubs SC Forsthausstraße Frankfurt, SC Frankfurt 1880, der VfL Schwenningen, der ERV Stuttgart und ein vollständig neues Team aus der Wetterau: der VfL Bad Nauheim.

Es war die Geburtsstunde des Bad Nauheimer Eishockeys, einer wunderbaren wie aufregenden Story, die auf dem heutigen Tag genau 77 Jahre Sportgeschichte feiert. Jeder Eishockey-Interessierte in Deutschland, ganz bestimmt aber jeder Fan des Nauheimer Eishockeys, kennt diese Geschichte zu genüge, als der VfL alle renommierten Clubs mit Kantersiegen nur so vom Eis fegte. Gleich im ersten Match schlug Bad Nauheim das Team von Forsthausstraße Frankfurt mit 7:1 und legte so den Grundstein für eine leidenschaftliche Liebe.

Wir schwelgen in Erinnerungen und landen in der Gegenwart. Beim Verwenden von Superlativen oder Highlights sollte man ja vorsichtig sein. Doch wenn am nächsten Dienstag unsere Cracks gegen den ESV Kaufbeuren antreten, ist es wirklich wieder einmal angebracht, auf ein solches Highlight hinzuweisen. Angesichts des 4000. Spiels ihrer Geschichte werden die Roten Teufel  in Sonder-Trikots auflaufen.

4000 Spiele in 77 Jahren, das klingt auf den ersten Blick gar nicht mal so wahnsinnig viel. Aber immerhin sind das knapp 52 Spiele pro Saison. Und wenn man bedenkt, dass in den Kindertagen der Roten Teufel eine Saison aus maximal 20 Spieltagen bestand, dann relativiert sich das schon. Heute kommt eine Mannschaft pro Saison alleine auf 52 Punktspiele in der Hauptrunde. Dazu kommen jede Menge Vorbereitungsbegegnungen und Playoff/Playdown-Spiele, sodass eine Saison heute locker über 70 Partien gehen kann. Zur letzten Spielzeit brachte es der EC mit der Endspielteilnahme auf 74 (!) offizielle Spiele.

Dass „historische Spiele“ nicht immer auch gleichbedeutend mit erfolgreichen Spielen sein müssen, davon kann gerade das Bad Nauheimer Eishockey leider ein Lied singen. Wirft man einen Blick zurück auf die „1000er-Spiele“ so stellt man fest: Sie gingen alle verloren!

Spiel 1000 fand – man glaubt es kaum – erst 28,5 Jahre nach Spiel 1 statt. Am Freitag, dem 14. November 1975, standen sich damals in Köln der KEC und der VfL gegenüber. Für Nostalgiker klingen die Namen der damals aktiven Roten Teufel nach den „guten alten Zeiten“. Rainer und Horst Philipp, Werner Bachmann, Werner Kadow, Manfred „Tiger“ Müller, Sture Leksell, Ivan Guryca, Paul Langner, Ralf Pöpel, Dieter Jehner oder Rolf „Pilo“ Knihs; sie alle standen damals in der Mannschaft. Und doch ging das Match mit 5:1 an die Domstädter. Die goldenen Tage der 1970er-Glanzzeiten unter Ladislav Olejnik neigten sich so langsam dem Ende entgegen. Der Niedergang einer außerordentlich erfolgreichen Epoche war bereits eingeläutet. 1982 endete sie mit dem Konkurs und der Auflösung der Eishockey-Abteilung beim VfL.

17 Jahre später folgte am Sonntag, dem 25. Oktober 1992, dann das Spiel Nr. 2000. Die Spielzeit 1992/93 stand unter einem ganz schlechten Stern. Rudolf Sindelar war Trainer und sein Sohn Roman stand in der Verteidigung. Aber es gab auch Namen, die noch heute elektrisieren. Etwa Walt Poddubny oder Steffen Michel trugen das in dieser Saison Rot-Weiß-Blaue Trikot des EC Bad Nauheim genauso wie Ralf Pöpel, Thomas Barczikowski oder Volker Lindenzweig. Die Kurstädter spielten mit dem Zusatz „i.K.“, der für „in Konkurs“ stand, in der zweiten Bundesliga und der Konkursverwalter hatte mehr zu sagen als die Vereinsvertreter.

Noch war Norbert Metzler, der Scharlatan mit dem Geldkoffer, nicht in Erscheinung getreten. Dieses sollte erst gegen Ende der Saison als „Retter“ auftreten und die nächste gute Episode des EC Bad Nauheim in den 1990ern unter Raymond Schüttke einläuten.  So wunderte die Heimspiele-Niederlage gegen den EC Kassel weniger als das achtbare Ergebnis, das man erzielte. Mit 5:6 fiel die Niederlage nur sehr knapp aus, aber letztlich war es doch wieder eine Niederlage.

Spiel Nr. 3000 ging 16 Jahre später über die Bühne, und wieder war es eine Klasse tiefer als zuvor. Die Saison 2008/09 war jedoch eine Saison des Aufbruchs. Fred Carroll hatte mit Kevin Lavallee, Lanny Gare, Ryan Hare und Chris Eade vier erfolgversprechende Kontingentspieler an die Usa geholt. Die eingleisige Oberliga verfügte über namhafte Clubs wie Hannover Indians, Starbulls Rosenheim oder den ESV Kaufbeuren. Jenes 3000. Spiel ging jedoch gegen einen weniger prominenten Gegner. Der EC war am 31. Oktober 2008 zu Gast beim EV Landsberg. Als am Ende die Schlusssirene ertönte, stand auf der Anzeigentafel ein ernüchterndes 6:2 für die Bayern zu Buche. Doch diese Niederlage war nicht dramatisch. Der EC zog in die Playoffs ein, sweepte die Piranhas aus Rostock in drei Spielen und stand sogar im Endspiel gegen die Hannover Indians. Erst im Finale sollte man seinen Lehrmeister finden …

Nun also steht am 20. Februar 2024 das 4000. Spiel an. Was könnte man aus den vorausgegangenen Zeilen für dieses Spiel ableiten? Wird es wieder eine Niederlage geben? Der Gegner ist mit dem ESV Kaufbeuren sicherlich kein Leichtgewicht der DEL2 und wie in dieser Saison üblich muss sich das Team von Harry Lange mächtig ins Zeug legen, um die Punkte im CKS zu behalten. Doch wäre es endlich einmal an der Zeit, dass man als Sieger eines „1000er-Spiels“ vom Eis ginge. Dann wäre es tatsächlich ein historisches Spiel!