IM INTERVIEW: JORDAN HICKMOTT

Powerstürmer mit „Hockey-Awareness“

Jordan Hickmott stammt gebürtig aus Mission, British Columbia. Die 39.000-Einwohner-Stadt liegt in der Nähe von Vancouver. Der 32-jährige Rechtsschütze stürmt im zweiten Jahr für die Roten Teufel. Er ist zweifacher kanadischer Universitäts-Champion mit den Alberta Golden Bears, President’s-Cup-Sieger mit den Medicine Hat Tigers, gewann beim HC Banska Bystrica die slowakische Meisterschaft und holte als Mitglied von Team Canada die Bronzemedaille bei der Winter-Universiade in Spanien. Im Interview spricht unsere #61 über Ziele, Stärken, Empfehlungen und erzählt, was er mit den Namen Joe Sakic, Michal Handzuš, Ryan Nugent-Hopkins, Radko Gudas, Tyler Fiddler sowie „Wühlbüffel“ Andy Pauli verbindet.

Smart, freundlich, fokussiert. Jordan Hickmott stürmt in der zweiten Saison für den EC. Mit den Roten Teufeln will der 32-jährige Kanadier aus Mission, British Columbia, wieder ins Playoff-Halbfinale einziehen. Wie im Frühjahr 2022, als die Rot-Weißen in einer begeisternden Serie den hessischen Rivalen Kassel Huskies ausschalteten, zu den vier besten Mannschaften der DEL2 gehörten und die erfolgreichste Spielzeit seit 2004 absolvierten. Im ECNews-Interview spricht der robuste Rechtsschütze mit 1,88 Meter-Gardemaß über seine Karriere, über Joe Sakic, Ryan Nugent-Hopkins und Radko Gudas, welche Rolle Tyler Fiddler und Andreas Pauli bei seinem Wechsel in die Kurstadt gespielt haben und warum er sich beim EC wohlfühlt.

Jordan, letzte Saison hat der EC eine fantastische Runde gespielt. Was traust du dem Team jetzt zu?
Jordan Hickmott: Das Gleiche. Wir haben eine gute Mannschaft, viele Spieler sind geblieben und wir können wieder das Halbfinale erreichen.

Aus welchen Hauptgründen hast du im Sommer deinen Vertrag verlängert?
Hickmott: Es war ein erfolgreiches Jahr für den Club. Die Stadt und die Fans sind spitze. Meine Frau Jessie und ich fühlen uns sehr wohl hier. Die Entscheidung, einen neuen Vertrag zu unterschreiben, ist mir leichtgefallen.

Welche Stärken zeichnen dich aus und wie charakterisierst du deine Spielweise?
Hickmott: Als einen Zwei-Wege-Stürmer und Teamplayer, der gut mit seinen Nebenleuten harmoniert. Stärken? Mein Schuss, meine Größe und meine „Hockey-Awareness“, also Attribute wie Antizipation und Spielverständnis. Ich versuche, auf dem Eis die richtigen Entscheidungen zu treffen.

In Deinem ersten Jahr beim EC hast Du als Center in 52 Hauptrundenspielen 13 Tore erzielt. Diese Marke hattest Du diesmal als Flügelstürmer bereits nach 23 Partien geknackt. Liegt es an der Position, den unterschiedlichen Line-Ups oder wie erklärst Du es?
Hickmott: Ich glaube nicht, dass es an einer bestimmten Sache liegt, sondern an einer Kombination aus vielen Faktoren. Ich hatte Spielzeiten, in denen ich wesentlich öfter gescort habe, als in der letzten Saison. Es ist sehr schwer, für jede Saison bestimmte Gründe zu finden.

Bist Du abergläubisch? Pflegst Du besondere Rituale vor den Spielen?
Hickmott: Nein, da gibt es nichts Spezifisches. Ich versuche immer, meine Routine einzuhalten, die gleiche Ernährung, den gleichen Ablauf. Das ist alles.

Warum wurdest Du Stürmer?
Hickmott: Mein Vater Lindsay war Stürmer. Er trug die Nummer 9 und er hat mich auch gecoacht. Ich wollte wie er immer in der Offensive spielen.

Ist die Nummer 61 die bevorzugte Rückennummer?
Hickmott: Eigentlich die 9 oder die 16. Aber die sind an Huba Sekesi und Christoph Körner vergeben. Ich habe einfach die Ziffern getauscht.

Wer war Dein Idol, als Du noch im Nachwuchs Deines Heimatortes Mission, British Columbia, gespielt hast?
Hickmott: Joe Sakic. Er hat zweimal den Stanley-Cup mit Colorado Avalanche gewonnen und ich habe es natürlich im TV verfolgt, wenn er für Team Canada bei Olympischen Spielen auf dem Eis stand. Sakic ist in Burnaby aufgewachsen, nicht weit weg von Vancouver.

Wären für Dich auch andere Sportarten infrage gekommen?
Hickmott: Im Sommer habe ich auch Lacrosse und Baseball gespielt. Aber Eishockey war die Nummer eins. Wir haben überall gespielt: Im Haus, auf der Straße, im Winter auf zugefrorenen Flächen.

Mit den Medicine Hat Tigers hast Du 2007 deinen ersten Titel, den President’s Cup, gewonnen. Welche Bedeutung hatte das für Dich?
Hickmott: Das war mein Rookie-Jahr im Südosten der Provinz Alberta – etwa 15, 16 Autostunden weg von zuhause. Ich habe nicht so viel gespielt, aber es war etwas Besonderes zum Team zu gehören. Die Mitspieler hießen Tyler Ennis, Kris Russell oder Darren Helm, der vergangene Saison mit Colorado den Stanley-Cup gewann.

Du hattest 2011 bei den Edmonton Oil Kings viele Scorerpunkte. Nach dieser Spielzeit begann Deine Zeit an der Universität. Warum dieser Schritt und was hast du studiert?
Hickmott: Nach meinem letzten Jahr im ‚Junior Hockey‘ habe ich ein Trainingscamp der New York Rangers absolviert. Es hätte die Option bestanden, zum damaligen ECHL-Farmteam, Greenville Swamp Rabbits, zu gehen. Ich habe mich dann für die University of Alberta entschieden, ein Kinesiologie-Studium begonnen und auch meinen Abschluss gemacht.

Für die Toronto Marlies, das AHL-Farmteam der Maple Leafs, hast Du 2016 drei Tryout-Matches absolviert. Wie kam das zustande?
Hickmott: Das war kurz vor dem Saisonende und sie hatten viele Verletzte. Dann gab es das verlockende Angebot aus Europa …

Die erste Saison in Banska Bystrica verlief sehr erfolgreich. Du gehörtest zu den fünf besten Scorern der Extraliga und wurdest gleich slowakischer Meister. Wie waren Deine Erfahrungen in der neuen Umgebung?
Hickmott: Wir hatten ein starkes Team. Mit Michal Handzuš, dem früheren Weltmeister und Stanley-Cup-Sieger bei den Chicago Blackhawks, stand der Club-Eigentümer mit uns auf dem Eis. Das war schon kurios. Ich spielte zwar nicht mit ihm einer Angriffsreihe, aber in einer Powerplay-Formation.

Nach zwei Jahren in Österreich (Villach, Linz) und einem Elf-Spiele-Gastspiel bei den Tölzer Löwen bist Du zu Banska Bystrica zurückgekehrt und hast wieder viele Scorer-Punkte gesammelt. Fühltest Du dich in dieser Liga besonders wohl?
Hickmott: Sieht so aus. Wir standen erneut auf dem ersten Platz. Dann kam Covid19, die Meisterschaft wurde abgebrochen und die Playoffs gestrichen.

Von Dukla Michalovce führte Dein Weg nach Bad Nauheim. Was gab den Ausschlag?
Hickmott: In Michalovce spielten wir die ‚Corona-Saison‘ – ohne Fans und damit ohne Zuschauer-Einnahmen. Es war ungewiss, wie es weitergeht. Als mein Agent die Möglichkeit eines Wechsels zu den Roten Teufel auf den Tisch brachte, begannen schnell die Gespräche mit Harry Lange. Bei Tyler Fiddler und Andy Pauli, den ich aus Tölz kannte, habe ich mich erkundigt und nur Gutes gehört.

Woher stammt die Verbindung zu Tyler Fiddler, der 2019/20 das EC-Trikot trug?
Hickmott: In der Junior Hockey League WHL haben wir gegeneinander gespielt. Er bei den Calgary Hitmen, ich in Edmonton. Außerdem haben wir beide für Team Canada an der Winter-Universiade 2015 in Granada, Spanien, teilgenommen und die Bronzemedaille geholt.

Hast du mit weiteren Deiner heutigen Teamkollegen in vorherigen Klubs zusammen- oder gegen sie gespielt?
Hickmott: Ja, in Kärnten beim Villacher SV gegen die Vienna Capitals mit Taylor Vause und Jerry Pollastrone.

Was unterscheidet die DEL2 von den vorherigen Ligen – die slowakische Extraliga und die ehemalige multinationale Erste Bank Eishockey Liga (EBEL)?
Hickmott: Vom Level her sind sich die Ligen ziemlich ähnlich. Ich denke, es gibt keine großen Unterschiede, sondern eher kleine Abweichungen in den Spielstilen.

Was stufst du bisher als Deinen größten sportlichen Erfolg ein?
Hickmott: An erster Stelle die beiden Universitäts-Meisterschaften 2014 und 2015 mit den Alberta Golden Bears. Das ist ein steiniger Weg. Erst muss man sich in der regionalen Conference durchsetzen, dann das nationale Finalturnier gewinnen. Aber auch der Titel mit Banska Bystrica war eine tolle Erfahrung.

Wer war bisher Dein beeindruckendster und wer Dein härtester Gegenspieler?
Hickmott: Der Beste: Eindeutig Ryan Nugent-Hopkins, aktuell Stürmer bei den Edmonton Oilers. Er war schon als junges Top-Talent bei den Red Deer Rebels außergewöhnlich. Der härteste Brocken: Radko Gudas. Der spielt noch heute bei den Florida Panthers genauso wie früher.

Was schätzt du besonders am EC Bad Nauheim?
Hickmott: Die ganze Organisation hält zusammen, das Team arbeitet hart, es herrscht ein freundlicher Umgang miteinander. Jessie und ich sind vom ersten Tag an gut aufgenommen und behandelt worden. Die Fans sind stimmungsvoll und großartig. Bei Auswärtsspielen fühlt es sich manchmal so an, als seien sie lauter als das Heimpublikum.

Wie gefällt es dir und deiner Frau in der Kurstadt?
Hickmott: Wunderbar. Ein wichtiger Grund, hierher zurückzukommen. Die Stadt ist schön. Wir gehen gerne ins „Williams“ am Flugplatz, einen Kaffee trinken im „DOA“ oder mit unserem Langhaar-Chihuahua Pippin im Kurpark spazieren.

Abschlussfrage: Wo liegt Dein Lebensmittelpunkt im Sommer und wie verbringst Du die eishockeyfreie Zeit?
Hickmott: Meine Frau stammt aus Calgary, dort ist unser zuhause. Es ist nicht weit entfernt von den Rocky Mountains. Wir lieben es zu wandern und fahren gerne Ski, wenn sich die Gelegenheit dazu ergibt.

 

Foto: Chuc.de​