Krimi endet mit einem Happy-End: 7:6 gegen den Meister!

Wahnsinn, unglaublich und extrem wichtig. Der EC Bad Nauheim führte am Freitag nach 47 Minuten schier uneinholbar mit 7:2 gegen die Ravensburg Towerstars, um danach noch einmal richtig in die Bredouille zu kommen und ein spektakuläres 7:6 (1:1, 2:0, 4:5) gegen den amtierenden DEL2-Champion über die Ziellinie zu retten. Zweimal Max Gerlach, Christopher Fischer, Fabian Herrmann, Markus Lillich, Jerry Pollastrone und Jordan Hickmott erzielten die Treffer beim ersehnten „Dreier“ für die Roten Teufel.

„Am Schluss lagen die Nerven blank. Zuletzt ist wenig für uns gelaufen, aber wir halten zusammen. Die dritte Reihe hat einen unfassbar guten Job gemacht. Vielleicht war es ganz gut, dass wir nach dem 7:2 heute noch einmal den Wake-up-Call erhalten haben. Es freut mich unfassbar, dass Markus Lillich und Jerry Pollastrone getroffen haben“, bilanzierte ein erleichterter EC-Trainer Harry Lange. Dessen Kollege Gergely Majoross sagte: „Das war vielleicht interessant für die Fans, aber ein Albtraum für uns. Es ist frustrierend, wenn man 10, 15 dumme Fehler macht und so viele Breakaways zulässt. Dann hat man es nicht verdient zu gewinnen, auch wenn wir einige gute Momente hatten.“

Nach der Trennung von Daniel Weiß erhielt der EC Unterstützung von Rik Gaidel. Der 20-jährige Förderlizenz-Akteur von DEL-Kooperationspartner Kölner Haie feierte sein Debüt im rot-weißen Dress. Neben Taylor Vause, für den die Saison verletzungsbedingt beendet ist, fehlten weiterhin Kevin Orendorz und Marc El-Sayed. Die Gäste mussten auf Fabian Dietz (Unterkörperverletzung) verzichten.

Der sportliche Negativlauf, die widrigen Verkehrsverhältnisse, Temperaturen knapp unter null Grad Celsius – alles Faktoren für die Kulisse mit knapp über 2000 Zuschauern im Colonel-Knight-Stadion. Allerdings: Die machten Stimmung, vor allem die Südkurve gab Gas und dem Team vom Anfang bis zum Ende die dringend nötige Unterstützung.

Die einfachen Dinge richtig machen, defensiv kompakt stehen, Turnover vermeiden: Unsere Truppe wollte dem Favoriten aus Baden-Württemberg von Anfang an mit einem mannschaftlich geschlossenen Auftritt Paroli bieten, um couragiert an der Ergebnis-Trendwende zu arbeiten.

Dem Gegner wenig Räume lassen, selbst Chancen kreieren. Fischer (1./Zuspiel Tim Coffman), Pollastrone (4.) und Alexander Dersch (5.) näherten sich gleich mal dem von Ilya Sharipov gehüteten Gehäuse an. Niklas Lunemann musste zunächst nur einmal ernsthaft eingreifen und hielt mühelos mit der Fanghand gegen Noah Dunham (2.).

Die Belohnung für eine konzentrierte Startphase holte sich der EC in Person von Fischer ab. Kevin Schmidt passte zum Mann mit der Rückennummer 58, der leicht ins Straucheln geriet, aber nach einer artistischen Drehung mit der Rückhand zur 1:0-Führung (5.) vollendete. Saisontreffer Nummer zehn für den ehemaligen Nationalspieler.

Dann wanderte Patrick Seifert in die Kühlbox, eine harte Entscheidung der Unparteiischen. Das – mit einer Erfolgsquote von 23 Prozent – beste Powerplay der Liga schlug erbarmungslos zu. Nick Latta hieß der Schütze zum 1:1-Ausgleich (12.). In der Folge zeichneten sich beide Keeper aus. Sharipov entschärfte Pollastrones Abschluss, im direkten Gegenzug parierte Lunemann glänzend gegen Matt Alfaro (13.).

Auch die zweite Strafzeit ereilte die Hausherren, diesmal erwischte es Coffman. Bad Nauheim verteidigte intensiv und plötzlich steuerte Brent Raedeke alleine auf den Ravensburger Kasten zu, konnte erst in allerletzter Sekunde regelwidrig von Oliver Granz gestoppt werden. Doch der von den meisten Fans erwartete (glasklare) Penalty blieb aus, der Towerstars-Defender erhielt lediglich eine Zwei-Minuten-Strafe wegen Hakens.

Die erste richtig dicke Gelegenheit im zweiten Durchgang gehörte den Oberschwaben. Julian Eichinger zog von der blauen Linie ab, der Rebound sprang Robbie Czarnik vor die Kelle, aber Lunemann blieb der Sieger (24.). Beide Kontrahenten neutralisierten sich gegenseitig, die Rot-Weißen kämpften und spielten couragiert. Als Alexander Dersch den Puck per Handgelenksschuss in Richtung Sharipov brachte, reagierte Gerlach gedankenschnell und markierte die erneute EC-Führung – 2:1 (28.) durch den Neuzugang aus den Vereinigten Staaten, für den es das fünfte Tor beim achten Einsatz war.

Nachdem Lunemann gegen den brandgefährlichen Alfaro Schlimmeres verhinderte, bot sich Raedeke erneut im Privatduell mit Sharipov eine große Möglichkeit. Zunächst klärte der Towerstars-Schlussmann, doch Raedeke setzte nach, passte zu Fabian Herrmann, der zum umjubelten 3:1 (32.) einnetzte. Ravensburg erhöhte den Druck, Lunemann wehrte mehrmals stark ab. Das dritte Unterzahlspiel überstanden die Roten Teufel schadlos. „Jeder kämpft für den anderen. Wir spielen als Team“, sagte Marius Erk im SpradeTV-Pauseninterview.

Das obligatorische „Attacke“-Signal läutete ein spektakuläres Schlussdrittel ein. Gerlach (43./mit seinem sechsten Saisontreffer) erhöhte im Powerplay auf 4:1, Alfaro verkürzte postwendend (44.). Ein Feuerwerk brannten die Teufel binnen knapp zwei Minuten ab: Lillich (46./sein drittes Saison-Tor), Pollastrone (47./vierter Saison-Treffer) und Hickmott (47.) schraubten das Resultat sage und schreibe auf 7:2. Die Vorentscheidung? Mitnichten!

Ravensburg wechselte den Torwart. Der junge Nico Pertuch kam für Sharipov und jetzt rannten die Gäste mit offenem Visier an. Vier Treffer durch Luigi Calce (48.), Nick Latta (53.), Florin Ketterer (57.) und Julian Eichinger (59.) sorgten für einen einen wahren Krimi am Kurpark. In den verbleibenden 86 Sekunden verteidigte unser Team mit Mann und Maus. Die Schlusssirene bedeutete die große Erleichterung.

EC Bad Nauheim: Lunemann – Schmidt, Fischer, Erk, Dersch, Seifert, Hafenrichter – Herrmann, Coffman, Hickmott, Pollastrone, Raedeke, Gerlach, Lillich, Lautenschlager, Körner, Steck, Reiner, Gaidel.

Trainer: Harry Lange.

Ravensburg Towerstars: Sharipov (47. Pertuch) – Ketterer, Eichinger, Granz, Dronia, Hübner, Pfaffengut, Sezemsky – Herr, Sarault, Czarnik, Dunham, Alfaro, Nick Latta, Mühlbauer, Hadraschek, Rollinger, Gorgenländer, Calce, Louis Latta.

Trainer: Gergely Majoross.

Tore: 1:0 (04:59) Fischer (Schmidt, Hickmott), 1:1 (11:10) Nick Latta (Alfaro, Granz – 5:4), 2:1 (27:02) Gerlach (Dersch, Erk), 3:1 (31:37) Herrmann (Raedeke), 4:1 (42:39) Gerlach (Fischer, Hickmott – 5:4), 4:2 (43:52) Alfaro (Hübner, Dunham), 5:2 (45:46) Lillich (Dersch), 6:2 (46:14) Pollastrone (Gerlach, Raedeke), 7:2 (47:00) Hickmott (Coffman, Fischer), 7:2 (47:32) Calce (Louis Latta, Granz), 7:3 (47:32) Calce (Louis Latta, Granz), 7:4 (52:26) Nick Latta (Granz – 5:4), 7:5 (56:32) Ketterer (Sarault), 7:6 (58:34) Eichinger (Herr – 6:5).

 

Schiedsrichter: Apel/Ratz. – Linienrichter: Pfeifer/Tanko.

Strafminuten: Bad Nauheim 12, Ravensburg 6.

Zuschauer: 2046.

Schüsse: 29:30.