Richard Eberhard: Seit 40 Jahren „Die Stimme des CKS“

​Welch eine unfassbare Leistung: Seit 40 Jahren ist Richard Eberhard „The Voice of CKS“, die Stimme des Colonel-Knight-Stadions. Ohne Unterbrechung! Er war immer da, in guten wie in schlechten Zeiten. In Zeiten, als Geld im Stadion gesammelt wurde, damit es am nächsten Tag überhaupt weiter geht mit dem Eishockey in Bad Nauheim. Er hat große Siege erlebt, bittere Niederlagen, wunderbare Abende, tragische Momente. Im Jubiläumsjahr des Eishockeys in Bad Nauheim feiert er quasi ein Jahr lang sein „Dienstjubiläum“. Richard, der am 7. September 1949 in Bad Nauheim geboren wurde, lebt schon immer in seiner Heimatstadt. Nun geht dieses in allen Belangen denkwürdige Jahr zu Ende. Grund genug für uns, mit dem wahrscheinlich dienstältesten Stadionsprecher des deutschen Eishockeys ein Interview zu führen.

Richard, wie ist es dazu gekommen, dass Du Stadionsprecher wurdest?

Angefangen habe ich als Strafbankbetreuer beim damaligen VfL Bad Nauheim. Das war in der Saison 1979/80. Dann kam es zu der Situation, dass der damalige Stadionsprecher Holger Langenstück erkrankte. Präsident war Walter Rühl, ein Metzgermeister aus Reichelsheim. Er hat mich gefragt, ob ich „Mütze“, so wurde Holger gerufen, vertreten könnte, für die nächsten beiden Heimspiele. Unbedarft wie ich damals als junger Kerl war, habe ich spontan zugesagt. Und so hat das alles angefangen.

Erinnerst Du Dich an diese beiden ersten Spiele?

Ja, klar. Das erste Spiel haben wir gegen Köln mit 2:5 verloren, dann gab es ein 2:2 gegen Rosenheim.

Hattest Du Lampenfieber? „Mütze“ war ja auch eine Institution, Du solltest ihn von eben auf gleich ersetzen.

Nein, Lampenfieber kannte ich eigentlich nicht. Vielleicht war ich etwas aufgeregt, aber ich war damals ja auch Schiedsrichter, ich war im Betreuungs-Trainerstab in den Nachwuchsmannschaften. Zudem, und das hat mir sicher geholfen, war ich in der Fastnacht als Büttenredner unterwegs.  Auf alle Fälle war ich ja gebrieft durch den Dienst beim  Bundesgrenzschutz und später dann als Hygieneinspektor hier auf dem Gesundheitsamt.

Wie ist das heute nach all den langen Jahren? Bist Du kein bisschen nervös vor einem Spiel?

Sagen wir mal so: es kribbelt, wenn ich durchs Stadion auf meinen Moderatorenplatz gehe, die Fans die Gesänge anstimmen. Insbesondere vor den Derbys ist das so.

Wie bereitest Du Dich vor?

Ich sehe mir die Teams in dem Sonderheft der Eishockeynews an. Die Kontingentspieler schaue ich mir genau an, im Einzelfall gehe ich auch schon mal zu den Betreuern und erkundige mich nach der Aussprache der Namen. Dann sehe ich mir die Einteilung der Schiedsrichter an, damit ich weiß, mit wem wir es an der Zeitnahme zu tun haben. Wenn ich die Mannschaftsaufstellung vorliegen habe, nehme ich mir Zeit, diese zu verinnerlichen.

Wie viele Spiele hast Du in den letzten 40 Jahren versäumt?

Schwer zu sagen, ich denke so 40 bis 50 Spiele etwa.

Führst Du über die einzelnen Spiele Statistik?

Nein, das wäre zu aufwändig.

Welche Abende im CKS hast Du in Bildern direkt vor Deinen Augen?

Das Spiel mit den Hanson-Brothers. Nostalgiezauber in Bad Nauheim, das war der 11. Februar 2008. Oder das Spiel, als das Team von „Premiere“ (heute sky) gegen die All-Stars aus Bad Nauheim spielte. Die Abschiedsspiele von Harry Lange, Alex Baum, Patrick Strauch und Daniel Ketter. Schöne Bilder, schöne Erinnerungen.

Deine drei schönsten Spiele?

Eines davon war nicht im CKS, aber wir haben danach hier im Stadion gefeiert. Das war am 21. April 2013, als wir in Kassel in die DEL2 aufgestiegen sind. Dann das Stadt-Derby in der Regionalliga zwischen den Roten Teufeln und den Ice Devils im Jahr 2004. Mein Sohn Gordon stand im Tor der Ice Devils. Und natürlich ein absolutes Highlight, als wir im Dezember 2019 das Winter-Derby in Offenbach ausgetragen haben. Welch ein wunderbarer Abend.

Deine schlimmsten Spiele?

Das sind alle, die wir in den letzte drei bis fünf Sekunden verloren haben.

Das erste Spiel nach Doug Murrays Tod, die Gedenkminute im CKS. Ich stand auf dem Eis, die Spieler beider Mannschaften auch, die Schiedsrichter. Da habe ich geweint.

Und natürlich der Tod von Marc Teevens. Das war in den Playoffs 1998, in der Serie gegen Iserlohn. Marc spielte an diesem Abend nicht, er verfolgte das Spiel hinter der Plexiglasscheibe. Er fühlte sich nicht wohl. Dann verstarb er urplötzlich auf dem Parkplatz, das war so schlimm. Alle waren geschockt an diesem Abend. 

Welche Kuriosität fällt Dir spontan ein?

Das war 1992, da ist unsere Eismaschine ausgefallen. Frankfurt hatte zwei Zamboni. Also bin ich mit Jürgen Michel (ehemaliger Verteidiger des VfL, Vater von Steffen Michel) nach Frankfurt gefahren. Zamboni auf den Tieflader, zurück nach Bad Nauheim. Das Spiel gegen Dortmund begann dann um 22 Uhr.

Nenne die aus Deiner Sicht besten EC-Spieler.

Gordon Blumenschein, Marc West, Dino Felicetti, Miko Rämo, Cody Sylvester, Tristan Keck.

Deine persönlichen Starting Six?

Bibi Appel – Dale Reinig, Mike Dahlhuisen – Greg Evtushevski, Daniel Del Monte, Mark West.

Welche Spieler waren die größten Zungenbrecher?

Bill Lochead, Andrzey Bieleninik, Svein Enok Noersteboe.

In 40 Jahren hat sich im Eishockey sehr viel verändert. Welche Veränderungen sind für Dich am gravierendsten?

Vieles hat sich zum Positiven verändert. Die Regeln sind klarer, strukturierter. Es ist weniger Härte im Spiel, Die Vermarktung des Eishockeys allgemein. Damit meine ich die Berichterstattung im TV, im Radio, in den Zeitungen. Das ist alles besser und somit auch professioneller geworden.

Was sagst Du zum Videobeweis?

Sehr gute und sinnvolle Einrichtung, insbesondere eine tolle Hilfe für die Schiedsrichter und auch für die Übertragungen auf SpradeTV.

Deine Lieblings-Schiedsrichter?

Heiner Brill, Toni Engelmann, Sven Fischer, Markus Brill.

Hast Du eigentlich ein Vorbild?

Ja, das war Udo Scholz, der leider letztes Jahr verstorben ist. Udo war Stadionsprecher beim 1. FC Kaiserslautern, dann in Dortmund und 28 Jahre lang bei den Mannheimer Adlern. Er hat mir immer am besten gefallen. Ein toller Typ.

40 Jahre am Mikro … denkst Du zuweilen ans Aufhören?

Solange ich gesund bin, geistig und körperlich, möchte ich gerne weitermachen.

Ist Deine Ehefrau Vera immer dabei?

Meine Frau ist nach Möglichkeit immer mit Im Stadion. Selbst als unsere Tochter 1984 geboren wurde, war sie zwei Tage vor der Entbindung mit im Stadion, ebenso vor der Geburt unseres Sohnes 1986.

Herzlichen Dank, lieber Richard. Alles Gute, bleib gesund.