Späte Tore von Orendorz und Hickmott sichern vielumjubelten Overtime-Sieg

Irre, unglaublich und absolut nichts für schwache Nerven: Im Colonel-Knight-Stadion läuft Woche für Woche ein neuer Krimi. Für den Nervenkitzel sorgten diesmal vor 3572 Fans beide Teams. Dass die Roten Teufel am Ende einer sehenswerten Partie zwei Punkte kassierten und die Krefeld Pinguine nach einer 4:3-Führung noch mit 4:5 in der Overtime unterlagen, „das ist Eishockey“. Sagte Herbert Hohenberger, der Trainer der Seidenstädter, der seinem Team an diesem großartigen Eishockeyabend „keinen Vorwurf“ machen wollte: „Jeder hat alles gegeben.“ Sein österreichischer Landsmann, Harry Lange, nickte zustimmend. „Also, ich denke, Dauerkarteninhaber kommen bei uns auf ihre Kosten“, sagte der Coach des EC mit dem Hinweis auf die zahlreichen Verlängerungen und war natürlich nach diesem Wochenende mit insgesamt vier Punkten „sehr einverstanden“.

Doch der Reihe nach: Dieses denkwürdige wie emotionale Spiel, das beste Werbung für die DEL2 lieferte, hatte mit einer Überraschung begonnen. Denn Felix Bick stand an seiner ehemaligen Wirkungsstätte nicht zwischen den Pfosten. „Das haben wir im Trainerteam gemeinsam so entschieden. Mehr möchte ich dazu nicht sagen“, erklärte Herbert Hohenberger. Für „Bicki“ hütete Matthias Bittner das Gehäuse. Bittner lieferte ebenso wie sein Pendant auf der anderen Seite, Niklas Lunemann, eine prima Partie.

Harry Lange vertraute dem Team, das am Freitag in Weißwasser schon zwei Punkte eingeheimst hatte. Er hatte allerdings auch keine andere Wahl, denn mit Christoph Körner, Pascal Steck und Julian Lautenschlager fehlten erneut drei offensive Stammkräfte.

Von Beginn an herrschte eine prima Atmosphäre im CKS. Die Fans sahen ein temporeiches, faires und rasantes erstes Drittel, das ganz nach dem Geschmack der Roten Teufel begann. Krefelds Jonathan Matsumoto kassierte quasi beim ersten Angriff des EC eine kleine Strafe. Dieses Powerplay nutzte der EC sofort aus. Durch Kevin Orendorz, der im Nachschuss zum 1:0 traf und das gegen seinen ehemaligen Verein.

Es ging hin und her, wobei die Pinguine ihre offensiven Qualitäten unterstrichen und mächtig Druck machten. Im Mittelpunkt: Niklas Lunemann, der Keeper der Hausherren, der mehrere gute Chancen des KEV vereitelte. Dann bekam Tim Coffman eine Hinausstellung wegen Behinderung. Das Lange-Team kämpfte super und hatte durch Marc El-Sayed bei einem Konter gar die Möglichkeit zum zweiten Treffer. Doch Matthias Bittner war zur Stelle, ebenso beim nächsten vielversprechenden Versuch von Orendorz. Im direkten Gegenzug schaltete der Gast blitzschnell. Der Puck kam zu Top-Scorer Josh MacDonald, der mit einem präzisen Schuss zum 1:1 in der 17. Minute traf.

Auch das zweite Drittel lebte von der Spannung und dem intensiven Spiel beider Teams. Überragend die Rettungstat von Leo Hafenrichter, der einen Konter der Krefelder mit großem Einsatz blockte und sofort den Gegenzug einleitete. Der Puck kam zu Jerry Pollastrone. Der Amerikaner nahm genau Maß und traf zum vielumjubelten 2:1 in der 25. Minute. Es folgte eine dominierende Phase des EC. Tim Coffman verfehlte mit seinem Bauerntrick nur um Zentimeter das Gehäuse, wenig später kam Brent Readeke frei zum Schuss, zielte aber über das Tor von Bittner, der dann gegen Orendorz rettete.

Krefeld hatte seine besten Szenen, wenn der quirlige MacDonald auf dem Eis stand, doch Lunemann wirkte gemeinsam mit seinen Vorderleuten sehr konzentriert. Auch ein zweites KEV-Powerplay konnte den EC nicht ins Wanken bringen. Und so musste ein sehr glückliches Tor zum Ausgleich herhalten. Maximilian Adam versuchte es einfach mal aus der Distanz; der Puck wurde von einem Nauheimer abgefälscht und überraschte Lunemann auf dem falschen Fuß – 2:2 in der 39. Minute.

Das letzte Drittel, es war an Dramatik kaum zu überbieten. Zunächst brachte Tim Coffman mit einem satten Schuss den EC Nach vorne. Aber Krefeld ließ nicht locker. Dennis Miller fälschte ab und konnte für die Schwarz-Gelben egalisieren. Als Alexander Weiß, der Bruder des Nauheimer Daniel Weiß, zwei Minuten kassierte, stand der KEV unter Druck, konterte dennoch zweimal gefährlich. Und kaum war Krefelds Weiß zurück auf dem Eis, nutzte der starke MacDonald einen Fehler des EC. Der flinke Kanadier startete durch und zirkelte den Puck über die Linie – 3:4 nach 53 Minuten und 14 Sekunden.

Es folgten wütende Angriffe der Hausherren. Bittner rettete mehrmals in höchster Not. Harry Lange nahm eine Auszeit, zudem bekam Miller eine kleine Strafe. Mit sechs gegen vier Feldspieler drängte der EC auf den Ausgleich, der dann auch fiel. Den Schuss von Schmidt fälschte erneut der bestens aufgelegte Ex-Krefelder Orendorz ab. Die Stadionuhr zeigte 58 Minuten und 47 Sekunden. Die Referees schauten sich die Szene auf dem Video an, aber der Treffer hielt auch dieser Prüfung stand. 4:4, es ging in die Verlängerung.

Direkt vom Bully weg bediente Brent Raedeke den schnellen Taylor Vause. De Kanadier wurde von Eric Gotz behindert, worauf der Krefelder eine Strafe erhielt. Mit vier gegen drei Feldspieler belagerten die Rot-Weißen das Tor von Bittner. Schließlich war es einmal mehr Jordan Hickmott, der die Entscheidung besorgte. Sein harter Schuss landete unter dem Lattenkreuz und löste riesigen Jubel aus.

Nach dem Ende einer nervenaufreibenden Partie bedankten sich beide Teams bei ihren Fans. Die rund 150 Anhänger aus Krefeld würdigten die kämpferische Leistung des KEV. Bad Nauheim feierte natürlich ausgiebiger nach diesen hart erkämpften Punkten. Es gab zudem Sprechchöre für Felix Bick – verdient für einen, der fünf Jahre in Bad Nauheim ein großartiger Rückhalt war.

EC Bad Nauheim: Lunemann – Seifert, Dersch, Kevin Schmidt, Fischer, Erk, Hafenrichter – Orendorz, Coffman, Hickmott, Pollastrone, Vause, Herrmann, Daniel Weiß, Raedeke, Lillich, El-Sayed, Reiner.

Trainer: Harry Lange.

Krefeld Pinguine: Bittner – Ehrhoff, Gotz, Buschmann, Adam, Trinkberger, Riefers – Lessio, Matsumoto, Flaake, Cerny, Alexander Weiß, MacDonald, Kuhnekath, Kretschmann, Miller, Junemann, Wagner, Leitner.

Trainer: Herbert Hohenberger.

Tore: 1:0 (01:14) Orendorz (Hickmott, Coffman – 5:4), 1:1 (16:30) MacDonald (Cerny, Trinkberger), 2:1 (24:23) Pollastrone (Herrmann, Hafenrichter), 2:2 (38:57) Adam, 3:2 (44:56) Coffman (Orendorz, Hickmott), 3:3 (49:31) Miller (Gotz, Ehrhoff), 3:4 (53:14) MacDonald, 4:4 (58:47) Orendorz (Schmidt, Hickmott – 6:4), 5:4 (61:48) Hickmott (Schmidt – 4:3).

Schiedsrichter: Engelmann/Naust. – Linienrichter: Borger/Van Himbeeck.

Strafminuten: Bad Nauheim 4, Krefeld 8.

Zuschauer: 3572.

Schüsse: 34:32.

Fotos: Chuc.de