Zwei großartige Standorte: Was Krefeld mit Bad Nauheim verbindet

Die Roten Teufel erwarten am Freitag zum Saison-Auftakt die Krefeld Pinguine. Ein besonders Duell, denn Bad Nauheim und Krefeld verbindet einiges, wie die Historie zeigt. Thomas König, Wegbegleiter des Nauheimer Eishockeys seit Jahrzehnten, hat nicht groß recherchieren müssen. Er hat vieles selbst erlebt und die besonderen Duelle dieser beiden großartigen Eishockey-Standorte für uns beschrieben. Die Story erscheint auch in unserer ersten Ausgabe der ECNews, die am Freitag im Stadion gegen eine freiwillige Spende für unsere Nachwuchs-Abteilung zu haben ist.

Erstmals gibt es in dieser Saison Zuwachs für die DEL2 aus der Eliteliga: 16 lange Jahre hat es gedauert, bis endlich die sportliche Verzahnung zwischen erster und zweiter Liga wieder in Fahrt kommt. 2005/06 hatte es mit unserem nordhessischen Nachbarn Kassel den letzten Absteiger gegeben. Jetzt dürfen sich die Fans auf die Krefeld Pinguine freuen und das gleich zum Auftakt der Punktrunde.

Während es sicher die ein oder anderen jüngeren Anhänger der Roten Teufel gibt, die erstmals einen Mitwettbewerber aus Krefeld in der Liga sehen, werden sich die langjährigen Fans an viele Begegnungen mit den Seidenstädtern erinnern können. Letztmals stritt sich die Kurstadt im Aufstiegsjahr 2012/13 mit dem Krefelder EV, also dem Stammverein der Pinguine, um Punkte.

Dabei begleitet das Krefelder Eishockey den Nauheimer Pucksport schon seit Anbeginn im Jahr 1946. Bereits in der ersten Saison des VfL Bad Nauheim war Krefeld ein willkommener Gast im Hundert-Tage-Stadion und das gleich mit zwei Mannschaften. Sowohl der Krefelder EV als auch Preußen Krefeld waren in der damaligen Oberliga Nord mit am Start und bildeten mit dem Nord-Meister VfL Bad Nauheim das Spitzentrio vor so renommierten Clubs wie Köln, Hamburg und Berlin. 1951 (Preußen Krefeld) und 1952 (Krefelder EV) stellten die Nordrhein-Westfalen sogar den Deutschen Meister und konnten 2003 als Krefeld Pinguine das Kunststück noch einmal wiederholen.

Schaut man in die gemeinsame Historie der beiden Eishockey-Städte, so findet man Kurioses, Ärgerliches, Peinliches aber auch Mitreißendes und sehr viel Verbindendes. Kein Wunder, denn bisher wurden genau 200 Spiele zwischen den beiden Städten ausgetragen.

So kam es beispielsweise in der Saison 1955/56 zu einem wohl einmaligen Agreement, als Bad Nauheim in seinem vorletzten Punktspiel in der Oberliga bei dem abstiegsgefährdeten Club Preußen Krefeld anzutreten hatte. Da dieses Spiel parallel zu einem Länderspiel gegen die USA ausgetragen wurde, zu dem die Preußen einen Spieler abstellten, verständigte man sich darauf, dass das Spiel nur dann gewertet werden würde, falls die Preußen nicht verlieren würden. Andernfalls sollte das Spiel – dann mit dem Nationalspieler – wiederholt werden. Nauheim gewann mit 6:0. Es blieb dennoch beim Punktgewinn, da Preußen Krefeld auch ohne Nachholspiel den Abstieg vermied. Erst 1971 ereilte die Preußen der finanzielle Kollaps. Seitdem repräsentiert der KEV alleine die Krefelder Farben im Eishockey.

Im Sommer 1995 kam es zwischen dem EC Bad Nauheim und diesem Verein zum Kräftemessen am grünen Tisch beim Kampf um die DEL-Mitgliedschaft für die Saison 1995/96. Im ersten Jahr unter dem neuen Namen herrschte in der DEL ein ziemliches Chaos. Vereine wie Meister Mad Dogs München stiegen aus, Gründungsmitglied KEV war hoch verschuldet, und einige Vereine liebäugelten mit der Neugründung einer „wilden“ Liga unter dem Namen Nationale Eishockey Liga (NEL). Der EC Bad Nauheim, gerade wieder dem Konkurs entwachsen und unter Raymond Schüttke ein aufstrebender Verein in der Zweiten Liga, bewarb sich um ein Platz in der DEL. Selbst die Lizenzierung war bereits eingereicht und die Eishockey-News hatte den EC schon als Erstliga-Teilnehmer in ihrem Sonderheft berücksichtigt, als Krefeld quasi über Nacht doch noch ein Sanierungskonzept aus dem Ärmel schüttelte und dem EC eine lange Nase drehte.

Sportlich gab es Duelle zwischen den beiden Städten in der sowohl ersten als auch der zweiten und der dritten Liga. Oft waren es enge Spiele, aber es gab auch zweistellige Ergebnisse für beide Mannschaften. Das torreichste Match fand in der Aufstiegsrunde zur ersten Bundesliga in der Saison 1986/87 statt. Schon in der Punktrunde der zweiten Liga war man immer auf Augenhöhe und belegte die Plätze 3 (KEV) und 4 (EC) der Endtabelle. Im Heimspiel der Aufstiegsrunde trafen die Roten Teufel  10mal den Kasten der Krefelder und dennoch reichte es nicht zum Sieg; die Schwarz-Gelben schlugen 14mal zu.

Der deutlichste Sieg für Bad Nauheim datiert vom 4. November 2011. Damals in der Oberliga gab es ein 11:0 für die Kurstadt. Die heftigste Klatsche gab es in der Oberligarunde der Saison 1954/55. Dem KEV gelang das Kunststück, den VfL mit 11:1 an die Wand zu fahren; zu allem Unglück auch noch zuhause im Hundert-Tage-Stadion.

Doch gibt es auch sehr viel Verbindendes zwischen den beiden Städten. Nicht wenige Spieler traten während ihrer aktiven Zeit sowohl für Krefeld als auch Bad Nauheim an. Beispiel Herbert Schibukat, überstrahlender Publikumsliebling der allerersten Stunde. Er wechselte von Bad Nauheim nach Krefeld und fand dort sein Glück. Den anderen Weg ging Willi Winkes. 1960 kam „Gemüse-Willi“ in die Kurstadt, heiratete eine Ober-Mörlerin und blieb für immer in der Wetterau. Miroslav Slezak, der begnadete Techniker aus der „goldenen Zeit“ der 70er Jahre, spielte in Bad Nauheim, wechselte nach Krefeld und kam wieder zurück.

Es gibt noch viele bekannte Namen aus alter und jüngerer Zeit, die Fans in beiden Städten immer wieder gerne in den Mund nehmen. Kurt Schmollinga, Georg Kowarik, Toni Barczikowski, Wolfgang Hellwig, Paul Langner, Frank Gentges, Carsten Gosdeck, Jayson Meyer, Ken Karpuk, Phil Huber, Sinan Akdag, Diego Hofland, Alex Trivellato und viele, viele andere. Der letzte Spieler, der von Krefeld nach Bad Nauheim wechselte, war Dominik Meisinger. Von 2016 bis 2018 spielte er in Bad Nauheim und ist in dieser Saison in der Oberliga Süd bei den Memmingen Indians zu finden.

Wie das Kräfteverhältnis in dieser Saison aussehen wird, muss sich zeigen. Krefeld geht mit dem Anspruch auf direkten Wiederaufstieg in die Runde. Die Pinguine hatten sich lange gesträubt, den Abstieg zu akzeptieren. Angesichts der zweiten Corona-Saison hätten sie sehr viel lieber eine DEL Saison ohne Absteiger gesehen. Doch letztendlich erklärte Geschäftsführer Sergey Saveljev: „Wir können uns jetzt mit vollem Herzblut auf die Saison in der DEL2 vorbereiten und haben einen Kader zusammengestellt, der es uns ermöglicht, schnell wieder dorthin zu kommen, wo wir hingehören.“

Der EC Bad Nauheim und seine Fans heißen die Pinguine auf jeden Fall herzlich willkommen in der DEL2 und ganz besonders im Colonel-Knight-Stadion.

 

Foto: Chuc.de